andre

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ANDRÉ (Familie)

(1) Johann (Jean) * Offenbach 28. März 1741 | † ebd. 18. Juni 1799; Musikverleger und Komponist

(2) Johann Anton * Offenbach 6. Okt. 1775 | † ebd. 6. Apr. 1842; Sohn von (1), Musikverleger und Komponist

(3) Carl August * Offenbach 15. Juni 1806 | † Frankfurt/M. 15. Febr. 1887; Sohn von (2), Musikhändler

(4) (Peter Friedrich) Julius * Offenbach 4. Juni 1808 | † Frankfurt/M. 17. Apr. 1880; Sohn von (2), Organist und Komponist

(5) Johann August * Offenbach 2. März 1817 | † ebd. 29. Okt. 1887; Sohn von (2), Musikverleger

(6) Jean Baptiste * Offenbach 7. März 1823 | † Frankfurt/M. 9. Dez. 1882; Sohn von (2), Pianist und Komponist

(7) Carl (August Johann) * Offenbach 24. Aug. 1853 | † Koblenz 29. Juni 1914; Sohn von (3), Musikverleger

(8) (Gustav) Adolf * Offenbach 10. Apr. 1855 | † ebd. 10. Sept. 1910; Sohn von (3), Musikverleger

(9) Ludwig * Haddenhausen bei Minden 1. Febr. 1858 | † Offenbach 8. Juni 1924; Großneffe von (2), Komponist und Dirigent

(10) Hans * Offenbach 6. Juli 1889 | † ebd. 5. Jan. 1951; Sohn von (8), Musikverleger


(1)


Johann André, einer 1688 nach Frankfurt gekommenen Hugenottenfamilie entstammend, erlernte zunächst den Kaufmannsberuf in der väterlichen Seidenweberei. Seine Interessen für Musik und Theater gewannen jedoch bald die Überhand. 1773 wurde sein erstes Singspiel Der Toepfer aufgeführt, das ihm die Anerkennung Goethes (von ihm stammt der Text zum zweiten Singspiel Erwin und Elmire) einbrachte. Mit der Veröffentlichung der Partitur begann André seine zunächst beiläufig betriebene Tätigkeit als Verleger (1773 noch in Kooperation mit Johann Michael Götz in Mannheim), die seit 1774 professionelle Züge annahm. Von 1776 bis 1784 war André Kapellmeister der Doebbelinschen Theatertruppe in Berlin. Nach seiner Rückkehr wandte er sich ausschließlich seinem Verlagsunternehmen zu. André, der 1786/87 den Frankfurter Verlag von Wolfgang Nikolaus Haueisen erwarb, veröffentlichte ca. 1400 Titel, darunter neben eigenen und Werken einheimischer Komponisten (unter ihnen Philipp Carl Hoffmann und Johann Franz Xaver →Sterkel) vor allem solche des Wiener und Pariser Repertoires (Devienne, Gyrowetz, Haydn, Hoffmeister, Koželuch, Krommer, Mozart, Pleyel, Wanhall, Wranitzky). Von Mozart erschienen bis 1799 ca. 20 Erstausgaben in Offenbach, darunter Sinfonien (KV 338, 425, 543, 550, 551) und Klavierkonzerte (KV 238, 271, 449, 456, 459, 466, 537).

Werke (Überblick; vgl. das detaillierte Verzeichnis von Gertraut Haberkamp in MGG2P) — ca. 30 Opern, Singspiele, Schauspiele mit Musik etc. (im wesentlichen 1773–1783, darunter neben den genannten Der Barbier von Sevilien (1777), Claudine von Villa Bella (1778), Belmont und Constanze oder Die Entführung aus dem Serail (1781), fünf Schauspielmusiken (u. a. Macbeth und Lear, beide 1778), zwei Ballette und zahlreiche Lieder (darunter das noch heute bekannte Rheinweinlied „Bekränzt mit Laub“) in eigenen und fremden Sammlungen.

Literatur – Axel Beer und Gertraut Haberkamp, in: MGG2P <> Ursula Kramer: Herausforderung Shakespeare. ‚Analoge’ Musik für das Schauspiel an deutschsprachigen Bühnen zwischen 1778 und 1825, in: Mf 55 (2002), S. 129–144 <> Axel Beer, Johann André und seine Lieder mit „willkührlicher Begleitung“ (1792/93), in: A Due. Festschrift Bergsagel/Schwab, hrsg. von Ole Kongsted et al., Kopenhagen 2008, S. 28–38 <> Bettina Berlinghoff-Eichler, Vom Kaufmann zum Komponisten und Musikverleger – Anmerkungen zur Biographie Johann Andrés (1741–1799), in: Musik und Wissenschaft. Gedenkschrift für Wolfgang Horn, hrsg. von Michael Braun et al. (Regensburger Studien zur Musikgeschichte 15), Regensburg 2021, S. 167–186


(2)


Johann Anton André erhielt eine profunde musikalische Ausbildung (Kl., Vl., Musiktheorie) bei seinem Vater sowie bei Ignaz und Ferdinand Fränzl und Georg Jacob Vollweiler. 1799 übernahm er das väterliche Geschäft und lernte auf einer Reise Alois Senefelder in München und Constanze Mozart in Wien kennen. Die Resultate dieser Begegnungen (Nutzung der Lithographie für die Musikalienherstellung und Ankauf des handschriftlichen Nachlasses von Mozart) waren von weitreichender Bedeutung. In Andrés Verlag erschienen rund 5000 Titel, darunter etwa 50 Mozart-Erstausgaben sowie Werke von Komponisten aus dem näheren geographischen Umkreis und solche aus Wien, Paris und London (neben einigen Originalausgaben vor allem Nachdrucke). André war außerdem als Komponist, überregional angesehener Musiktheoretiker und Lehrer tätig; zu seinen Schülern zählen Carl →Arnold, Heinrich Henkel, Heinrich Lucan, Aloys →Schmitt und Wilhelm →Speyer.

Werke (Überblick; vgl. das detaillierte Verzeichnis von Gertraut Haberkamp in MGG2P) — André hinterließ ein sehr umfangreiches kompositorisches Werk, das teils gedruckt, teils handschriftlich vorliegt. Er schrieb zwei Opern, Kirchenmusik, Lieder und Chöre, rund 10 Sinfonien, Ouvertüren, Konzerte für Kl., Vl., Vc., Fl., Hr., Ob. und Orch., Kammermusik für unterschiedliche Besetzungen, Klavier- und Orgelmusik. Von seinen Schriften sei genannt das Lehrbuch der Tonsetzkunst, Offenbach 1832–1843.

Literatur – Axel Beer und Gertraut Haberkamp, in: MGG2P <> Stefanie Wolf, Die Lieder von Johann Anton André, Mainz 2002 (Staatsexamensarbeit, unveröffentlicht)


(3)


Carl August André leitete die 1828 von seinem Vater (2) in Frankfurt am Main gegründete Musikalienhandlung, die er um eine Leihanstalt und eine Klavierfabrik erweiterte. Er veröffentlichte Der Clavierbau in seiner Geschichte, seiner technischen und musikalischen Bedeutung, Offenbach 1855.

(4)


Julius André, Schüler von Aloys →Schmitt, war Mitarbeiter der Firmen seiner Familie und betätigte sich als Organist, Komponist (Lieder, Klavier- und Orgelstücke; vgl. den Haupt-Katalog 1900) und Arrangeur. Seine Praktische Orgelschule op. 25 (Offenbach ca. 1845) wurde mehrfach aufgelegt.

(5)


Johann August André übernahm 1840 die Leitung des Verlags von seinem Vater (2). 1854 teilten die Erben Johann Anton Andrés den Mozart-Nachlass (273 Manuskripte) unter sich auf.

(6)


Jean Baptiste André, Schüler von Aloys →Schmitt, Siegfried Dehn und Wilhelm Taubert, lebte als Pianist und Komponist (Lieder und Klavierstücke; vgl. den Haupt-Katalog von 1900) seit etwa 1850 in Berlin und wurde später Hofkapellmeister in Ballenstedt.

(7)–(8)


Carl und Adolf André übernahmen 1880 die Verlagsleitung von ihrem Vater (5); zu diesem Zeitpunkt waren ca. 13000 Titel erschienen.

(9)


Ludwig André, Sohn eines Neffen von Johann Anton (2), des Opernsängers Hermann André (1812–1866), war seit 1872 in der Firma seines Vormunds Johann August (5) tätig und wurde dessen Nachfolger als Verlagslektor. 1882 gründete er den Ludwig Andréschen Männerchor und dirigierte seit 1885 den Offenbacher Orchesterverein. Er komponierte neben Operetten und Singspielen zahlreiche Lieder und Tänze (vgl. den Haupt-Katalog von 1900).

(10)


Hans André leitete den Verlag seit 1923, nachdem zuvor die Witwen Carls und Adolfs (8 und 9) in dieser Funktion tätig waren. Nach Hans Andrés Tod übernahmen seine Schwester und seine Witwe die Geschäftsführung, die 1971 auf Ute-Margrit André (1927–2004) überging. Ihr Sohn Hans-Jörg André ist seit 1992 Inhaber von Verlag und Musikalienhandlung (Musikhaus André).


Quellen — Verlagsarchiv André in Offenbach (vgl. hierzu Beer 2000, S. 480–482) <> Haupt-Katalog des Musikalien-Verlags von Johann André in Offenbach a/Main, Offenbach 1900; Nachtrag zum Haupt-Katalog, ebd. 1910 (ältere Kataloge in D-OF) <> Robert Schumann im Briefwechsel mit Carl August, Julius und Jean Baptiste André 1836 bis 1851, hrsg. von Anselm Eber, in: Schumann Briefedition Serie II, Bd. 16,1, Köln 2020, S. 307–326

Literatur zum Verlag allgemein — Axel Beer und Gertraut Haberkamp, Art. André, in: MGG2P (dort weitere Literatur) <> Wolfgang Matthäus, Johann André Musikverleger zu Offenbach am Main. Verlagsgeschichte und Bibliographie, Tutzing 1973 <> Michael Twyman, Early lithographed music. A study based on the H. Baron Collection, London 1996 <> Britta Constapel, Der Musikverlag Johann André in Offenbach am Main. Studien zur Verlagstätigkeit von Johann Anton André und Verzeichnis der Musikalien von 1800 bis 1840, Tutzing 1998 <> 225 Jahre Musikverlag Johann André. Festschrift zum Jubiläum, hrsg. von Ute-Margrit André und Hans-Jörg André, Offenbach 1999, S. 39–44 <> Wolfgang Rehm, Mozarts Nachlass und die Andrés. Dokumente zur Verteilung und Verlosung 1854, Offenbach 1999 <> Axel Beer, Musik zwischen Komponist, Verlag und Publikum. Die Rahmenbedingungen des Musikschaffens in Deutschland im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts, Tutzing 2000 <> ders., Das deutsche Musikverlagswesen um 1800 und die Stellung des Hauses André, in: Johann Anton André (1775–1842) und der Mozart-Nachlass, hrsg. von Jürgen Eichenauer, Offenbach 2006, S. 25–30 <> ders., Zur Frühgeschichte der musikalischen Lithographie am Mittelrhein, in: MittAGm 86 (2012), S. 15–27

Abbildungen: Titel einer André-Ausgabe von 1793 <> Adressfeld eines Briefs von Johann Jacob Kriegk an den Musikverlag Johann André (1795) <> Titel einer André-Ausgabe von 1830 <> Titel einer André-Ausgabe von 1920 (sämtlich D-KWbeer) <> weitere Abbildungen von André-Ausgaben finden sich in den Artikeln Franz Abt, Hermann Algeier, Oskar Brückner, Henri Cramer, Johann Nikolaus Denninger, Alexander Dreyschock, Johann Philipp Freihold, Richard Genée, Georg Goltermann, Franz Gretscher, Franz Xaver Ludwig Hartig, Moritz Haupt, Hoffmann (Familie), Peter Horr, Gotthold Kunkel, Louis Liebe, Wilhelm Lutz, Johann Jacob Mendel, Peter Müller, Joseph Nesvadba, Philipp Jakob Riotte, Julius Sachs, Hans Michael Schletterer, Carl Seeger, Christian Spintler, Emil Steinkühler, Vollweiler (Familie), Karl Jakob Wagner, Benedict Widmann, Christoph Winkelmeier und Johann Valentin Wörner.


Axel Beer

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  • Zuletzt geändert: 2022/03/20 14:25
  • von kk
  • angelegt 2018/09/04 21:50