reiss


REIẞ, CARL (HEINRICH ADOLF) * Frankfurt/M. 24. Apr. 1829 | † ebd. 4. Apr. 1908; Kapellmeister und Komponist

Reiß, der seine musikalische Ausbildung am Leipziger Konservatorium unter Moritz Hauptmann vervollkommnet hatte, machte bereits 1847 in Frankfurt als „junges Compositionstalent“ (Didaskalia 24.2.1847) auf sich aufmerksam und fand um 1849 für kurze Zeit als Chordirektor der Mainzer Liedertafel eine Anstellung. In den Jahren 1852 und 1853 fungierte er als Theaterkapellmeister in Basel, 1854 für wenige Monate in Würzburg, dirigierte 1855/56 als Vertreter bzw. Nachfolger Hermann Winkelmeiers interimistisch bis zum Amtsantritt Friedrich Marpurgs die Mainzer Liedertafel sowie die Oper (mit einer von Wagner gelobten Aufführung des Tannhäuser) und wurde anschließend nach Kassel berufen, wo er zunächst als zweiter Kapellmeister und nach der Pensionierung Louis Spohrs (1858) als dessen Nachfolger tätig war – bei der Wahl setzte er sich u. a. gegen Joseph Nesvadba, Edmund Neumann und Louis Schindelmeisser durch. Zu Beginn des Jahres 1881 übernahm Reiß in der Nachfolge Wilhelm Jahns die Leitung des königlichen Theaterorchesters in Wiesbaden. Bei einer Aufführung von Mozarts Figaros Hochzeit im März 1886 entzündete sich ein gegen seine Person gerichteter, einzigartiger Theaterskandal (unter Einsatz von „mehr als dreißig kleine[n] Handpfeifen“; Allgemeine Zeitung 22. März 1886), dessen Ursachen und Folgen die Presse wie auch die Justiz fast ein Jahr lang beschäftigten und im November 1886 zu seiner Suspendierung führten. Anschließend lebte Reiß privatisierend in Frankfurt; sein Nachfolger in Wiesbaden wurde (zunächst kurzzeitig gemeinsam mit August Langert) Franz Mannstaedt. Im Juli 1856 hatte er in Mainz die Tochter Anna Maria Louise des Hofbuchdruckers Carl Theodor von Zabern geheiratet.

Werke — Von den wenigen bis 1867 publizierten Kompositionen erschienen im Rhein-Main-Gebiet: Allegro capriccioso (Kl.), Offenbach: André [1847]; D-OF <> 3 Lieder op. 4, Mainz: Schott [1850] <> Karnevalsoper (UA Mainz 1853); verschollen <> Oper Otto der Schütz (Text: Ernst Pasqué, UA Mainz 24. Jan. 1856; vgl. hierzu Würzburger Stadt- und Landbote 28. Jan. 1856); D-B (hschr. Part.)

Quellen und Referenzwerke — KB Mainz <> Nachlassteile in D-B und D-F <> Akte betr. Stelle des Kasseler Hofkapellmeisters (1821–1866); D-MGs (Best. 159 Nr. 179) <> Allgemeine Zeitung (Augsburg) 31. Dez. 1881 sowie zahlreiche Berichte zwischen 22. März 1886 und 12. Febr. 1887 <> Signale Heft 20, 1887, S. 314 <> Didaskalia 1847–1854 <> Würzburger Stadt- und Landbote 1854–1856 <> Frankfurter Journal 22. Apr. 1858 <> NZfM 7. Mai 1858 <> MMB <> Festschrift Mainz 1884 <> Peth 1879, S. 273, 275, 279 <> Frank/Altmann 1927, StiegerO, RiemannL 1909

Literatur — Günter Wagner, Das städtische Kapellmeisteramt in Mainz. Entstehung und erste Amtsperiode unter Emil Steinbach, in: MittAGm 63/64 (1995), S. 23–41, bes. S. 31–33

Abbildung: Carl Reiß, Fotografie von Arthur Marx (Digitalisat aus D-F, Porträtsammlung Manskopf)


Axel Beer

Diese Website verwendet Cookies. Durch die Nutzung der Website stimmen Sie dem Speichern von Cookies auf Ihrem Computer zu. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzbestimmungen gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
  • reiss.txt
  • Zuletzt geändert: 2024/01/09 17:53
  • von bkb
  • angelegt 2018/10/06 16:10