schmitt1


(1) Carl Joseph (eigentlich Philipp Joseph Baldner) * Rauenthal (heute Stadtteil von Eltville im Rheingau) 5. Nov. 1767 | † Frankfurt/M. 16. Aug. 1818; Kapellmeister und Violinist

(2) (Carl) Joseph * Amsterdam 21. Sept. 1793 | † Frankfurt/M. 12. Juni 1833; Sohn von (1), Violinist und Schauspieler

(3) Caroline (Wilhelmine Augustine), ab 1818 verh. Hoffmann * Amsterdam 3. Mai 1795 | † Frankfurt/M. 18. Jan. 1854; Tochter von (1), Sängerin

(4) (Peter) David (Ferdinand) Hoffmann * Nowgorod 30. Okt. 1791 | † Frankfurt/M. 6. Apr. 1863; Ehemann von (3), Violinist und Musikdirektor


(1) Der als Philipp Joseph Baldner geborene Schmitt war Sohn des Arztes und späteren Schultheiß von Eltville Carl Christian Baldner. Nach abgebrochenem Studium an der Universität Mainz heiratete er 1791 die 56-jährige Witwe Anna Christina Aul, geb. Becker. Er verließ sie wenig später und flüchtete mit seiner neuen Lebensgefährtin und Mutter seiner künftigen Kinder Carolina Josepha Schlemmer, Tochter des Oberstallmeisters des Fürsten von Pfalz-Zweibrücken. Der Geburtseintrag seines Sohns Joseph (2) belegt seinen Aufenthalt in Amsterdam spätestens ab 1793 unter seinem angenommenen und fortan geführten Namen Carl Joseph Schmitt. Wohl ab 1795 dirigierte er das Orchester des deutschen Theaters, spätestens ab 1798 war er auch Unternehmer-Direktor des Hauses. Daneben wirkte er als Gründungsdirigent der 1796 errichteten Eruditio musica sowie als Organist und Dirigent von Chor und Orchester an der katholischen Mozes en Aaron Kerk. Als er im Sommer 1801 nach Deutschland reiste, um Sänger für sein Theater zu engagieren, erkannte ihn der Pfarrer von Eltville, der ihn wegen Konkubinats bei den geistlichen Behörden anzeigte. Zur gleichen Zeit wechselte er als Nachfolger von Carl Cannabich als Theaterkapellmeister nach Frankfurt, wo er ab 1808 auch die neugegründeten Museumskonzerte leitete. 1811 erhielt er die Ernennung zum Kapellmeister des napoleonischen Großherzogthums Hessen. 1816 erkrankte er so schwer, dass er seine musikalische Tätigkeit aufgeben musste. Bis zu Schmitts Tod übernahm Heinrich Anton Hoffmann interimistisch seine Aufgaben als Theaterkapellmeister (AmZ 25. Dez. 1816), danach folgte ihm Louis Spohr.
Die vorliegenden Konzert- und Theaterkritiken beschreiben durchgehend Schmitt als einen energischen und sorgfältigen Kapellmeister, der das Orchester von der Violine aus „ohne alle Grimassen“ (AmZ 30. Apr. 1800) leitete. Die älteren Nachschlagewerke vermengen Schmitts Vita mit der des älteren aus Erbach stammenden und später ebenfalls in Amsterdam wirkenden Joseph Schmitt (1734–1791) (vgl. detailliert Dunning, S. 26). Ebenso ist die von von der Gönna angenommene Identität mit dem auch bei Scharnagl erwähnten, 1811 zum 2. Hofkapellmeister in Aschaffenburg ernannten Musicus Carl Joseph Schmitt auszuschließen. Die Behauptung bei SchuberthC und Mendel/Reissmann, er sei Vater des Tenors und Gesangslehrers Friedrich Schmitt (1812–1884) gewesen, ist falsch.

WerkeLibera me domine (Chor, Orch.); D-ASh (s. RISMonline) <> zugeschrieben (vgl. Dunning, S. 29 und 122): Messe in C-Dur (2 T, B, Org.) (um 1797); Amsterdam, Mozes en Aaron Kerk (Abschrift) <> Tantum Ergo in F-Dur (2 T, B, Org.) (um 1797; Amsterdam, Mozes en Aaron Kerk (Abschrift) <> verschollen: 4 vierstimmige Messen, 4 Tantum Ergo, 1 Miserere, 1 Sopranarie jeweils mit großem Orchester (nachgewiesen in Caecilia (Utrecht) 1. Juni 1849) <> Schauspielmusiken unter anderem zu De Dod van Rolla (nachgewiesen ebd.) <> Einlagearie zu Orati e Curazi von Saverio Mercadante (nachgewiesen in AmZ 14. März 1804) <> Er ruhe in Frieden (nachgewiesen in Frankfurter Ober-Postamts-Zeitung 2. März 1817)

Quellen — KB Erbach (Rheingau), KB Amsterdam, KB Frankfurt, Univ.-Matr. Mainz <> Brief von Wilhelm Mumm an Louis Spohr, Frankfurt 26. Okt. 1817; D-Kl (s. Spohr Briefe, hrsg. von Karl Traugott Goldbach) <> Amsterdamse Courant 28. Jan., 4. Febr. 1797, 22. Mai 1798; Oprechte Haarlemse Courant 27. Febr. 1798; Taschenbuch fürs Theater 1798/99, S. 214; AmZ 30. Apr. 1800, 24. Juni, 1. Juli 1801, 14. März, 13. Juni 1804, 2. Febr. 1807, 22. Mai 1811, 22. Apr. 1812, 16. Juni 1813, 26. Okt. 1814, 3. Mai 1815, 25. Dez. 1816, 14. Okt. 1818 (Nachruf); Journal de Francfort 25. März 1804, 10. Apr. 1805, 2. Apr. 1806, 22. März 1807; Frankfurter Intelligenz-Blatt 24. März 1807, 17. Apr. 1809, 19. Apr. 1810, 9. Apr. 1811, 20. März 1812; Zeitung des Großherzogthums Hessen 11. Apr. 1811, 21. März, 26. Sept. 1812, 12. Apr. 1813; Frankfurter Ober-Postamts-Zeitung 5. Apr., 2. Aug. 1814, 10. Aug. 1815, 2. März 1817, 18. März 1818, 19. Nov. 1819; Caecilia (Utrecht) 1. Juni 1849, 1. Apr. 1853 <> GollmickB, Bd. 1, S. 71 <> Heinrich Henkel, Leben und Wirken von Dr. Aloys Schmitt, Frankfurt 1873, S. 9

Literatur — Edouard George Jacques Gregoir, Biographie des artistes-musiciens néerlandais des XIIIe et XIXe siècles, Antwerpen 1864, S. 157f. <> Helene de Bary, Museum. Geschichte der Museumsgesellschaft zu Frankfurt a. M., Frankfurt am Main 1937, S. 84 u. ö. <> Augustin Scharnagl, Johann Franz Xaver Sterkel. Ein Beitrag zur Musikgeschichte Mainfrankens, Phil. Diss. Würzburg 1943, S. 25 <> Wolfgang Saure, Die Geschichte der Frankfurter Oper, Köln 1958, S. 86–96 <> Albert Dunning, Joseph Schmitt. Leben und Kompositionen des Eberbacher Zisterziensers und Amsterdamer Musikverlegers 1734–1791, Amsterdam 1962, S. 26–29 und 122 <> Sigrid von der Gönna, Die neuzeitlichen Handschriften, Autographen und Musikalien der Hofbibliothek Aschaffenburg, in: Aschaffenburger Jahrbuch 13/14 (1990), S. 89–197, hier S. 95, 171f. und 177 <> GerberNTL; FétisB; GaßnerU; Bernsdorf; SchuberthC 1865; Mendel/Reissmann; EitnerQ; NassB; Gottron 1959, S. 137


(2) Dass Joseph Schmitt als 14jähriger gemeinsam mit dem Komponisten eine Konzertante von Heinrich Anton Hoffmann vortrug, deutet auf ein Schülerverhältnis hin (AmZ 26. Mai 1807). Um 1811 studierte er am Konservatorium in Paris bei Pierre Baillot, vielleicht auch bei Pierre Rode. Ab 1812 war er als Violinist am Theater in Frankfurt tätig. 1816 konzertierte er vermutlich vorläufig letztmals als Geiger und wechselte ins Schauspielfach. Als er 1818 noch einmal anlässlich eines Konzerts zum Besten seiner verwitweten Mutter auftrat, vermerkte die AmZ: „Hr. Joseph Schmitt bewies in einem Doppelconcert, welches er im Verein mit Hrn. Hoffmann vortrug, dass er weit besser Geige als Comödie spielt“ (13. Jan. 1819).

Quellen — KB Amsterdam, KB Frankfurt <> AmZ 26. Mai 1807, 3. Mai 1809, 29. Jan., 12. Febr., 25. März 1812, 10. Febr., 16. Juni 1813, 19. Jan., 30. März 1814, 8. Febr., 29. März, 3. Mai 1815, 22. Mai, 25. Dez. 1816, 13. Jan. 1819; Intelligenz-Blatt der freien Stadt Frankfurt 1. Jan. 1811, 20. Nov. 1812; Zeitung des Großherzogthums Hessen 23. Nov. 1812

Literatur — Edmund S. J. van der Straeten, The History of the Violin. Its Ancestors and Colleteral Instruments from Earliest Times to the Present, New York 1968, Bd. 2, S. 81 <> SchuberthC 1865; Mendel/Reissmann


(3)–(4) Caroline Schmitt trat ab 1811 in Frankfurt als Sängerin in verschiedenen Konzerten auf, möglicherweise sehr jung auch schon auf dem von ihrem Vater musikalisch geleiteten Theater. 1816 heiratete sie den Violinisten David Hoffmann, der am Konservatorium in Paris bei Rudolphe Kreutzer studiert hatte. Auf seiner Rückreise nach Moskau ließ er sich 1811 oder 1812 in das Theaterorchester in Frankfurt engagieren. 1825 folgte das Ehepaar einem „vortheilhaften Ruf nach München“ (AmZ 27. Apr. 1825), wobei Caroline zuvor noch an den Königlichen Schauspielen in Berlin gastierte. Ihr Aufenthalt in München ist derzeit nicht nachweisbar, dafür aber 1826–1831 ihre Anstellung als Sopranistin bzw. Musikdirektor am Hoftheater in Detmold. 1830 gastierte Caroline von Detmold aus als Sängerin und Schauspielerin in Frankfurt. Die erst ab 1834 erschienenen Frankfurter Adressbücher führen David als 2. Direktor des Theaterorchesters (ab 1845 bezeichnet ihn der Almanach für Freunde der Schauspielkunst als einzigen Musikdirektor, während der bisherige 1. Musikdirektor Carl Guhr nun als Kapellmeister firmiert), Caroline als Mitglied des Theaters, dem sie bis 1843 angehörte. Nach David Hoffmanns Tod wurde 1863 Eduard Eliason sein Nachfolger als Musikdirektor des Frankfurter Theaters. Bernsdorf, PaulH und Mendel/Reissmann führen David Hoffmann mit dem falschen Vornamen Friedrich und der falschem Wirkungszeit in Detmold 1815–1820.

Quellen — KB Frankfurt; Adressbücher Frankfurt; Staatskalender Frankfurt; Almanach für Freunde der Schauspielkunst 1836–1863 <> AmZ 3., 15., 22. Mai 1811, 29. Jan., 22. Apr. 1812, 10. Febr., 16. Juni, 29. Dez. 1813, 30. März, 12., 26. Okt. 1814, 29. März 1815, 22. Mai 1816, 5. März, 30. Apr. 1817, 21. Jan., 14. Okt. 1818, 13. Jan. 1819, 23. Mai 1821, 27. Apr., 5. Okt. 1825; NZfM 9. Okt. 1863; Intelligenz-Blatt der freien Stadt Frankfurt 30. Apr. 1816; Frankfurter Ober-Postamts-Zeitung 27. Nov. 1817; Didaskalia 11., 14. Jan., 22. Febr., 10., 23. März, 28. Apr., 9. Mai, 6., 20., 27. Juni, 4., 5. („Ein Wort der unpartheiischen Wahrheitsliebe, Frau Caroline Hoffmann betreffend“), 11. Juli, 11. Aug., 29. Sept., 5., 26., 30. Dez. 1824, 23. Mai, 6., 21. Juni 1830, 7. Okt. 1851; Amts-Blatt der freien Stadt Frankfurt 14. Apr. 1863

Literatur — Hans Georg Peters, Vom Hoftheater zum Landestheater. Die Detmolder Bühne von 1825–1969, Detmold 1972, S. 67, 70, 77, 80f. und 321 <> Richard Müller-Dombois, Die Fürstlich Lippische Hofkapelle. Kulturhistorische, finanzwirtschaftliche und soziologische Untersuchung eines Orchesters im 19. Jahrhundert, Regensburg 1972, S. 62 <> Bernsdorf; PaulH; Mendel/Reissmann


Karl Traugott Goldbach

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  • angelegt 2022/07/11 22:21