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(1) Wilhelm (sen.) * Mainz 25. Febr. 1814 | † ebd. 28. Nov. 1893; Klavierbauer und -händler

(2) Wilhelm (Philipp Friedrich) (jun.) * Mainz 19. Juli 1864 | † ebd. 16. März 1935; Sohn von (1), Klavierhändler und Komponist


(1) Über die Ausbildung Wilhelm Müllers, Sohn des Glasers und Glaswarenhändlers Johann Georg M., ist nichts Näheres bekannt. Nach Aufenthalten in Wien und Paris war er um die Mitte der 1830er bei der Pariser Firma Erard angestellt, wo er in die Position gelangte, Franz Liszt als dessen Klavierstimmer auf Konzertreisen zu begleiten (vgl. Beeck/Nonnenmacher/Riegel). 1837 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des Mainzer Männergesangvereins Liederkranz; eine Verwandtschaft zum Instrumentenmacher und ersten Präsidenten des Vereins, Carl August Müller, bestand nicht. Es ist ungewiss, wie lange Müller dem Verein angehörte. 1855 war er Trauzeuge des späteren Dirigenten Carl Kamberger. 1882 wurde er – zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Mitglied – zum Ehrenmitglied ernannt. Ein „W. Müller“ findet sich außerdem seit spätestens 1848 unter den aktiven Sängern der Liedertafel.

1843 gründete Wilhelm Müller I. als Klavierbauer die nach ihm benannte Firma. Die Adressbücher führen ihn als Piano-Forte-Fabrikanten, seit den 1870er Jahren zudem als Händler und Pianoforte-Vermieter (ein Eintrag ins Handelsregister erfolgte am 24. Apr. 1874), wobei sich die Firma fortan in der Münstergasse 3 befand. Angeboten wurden ein „eigenes Fabrikat, sowie eine reiche Auswahl von Pianinos aus Paris, Berlin, Leipzig, Dresden, Liegnitz, etc., Salon-Stutz-Flügel […], Harmoniums von Geo. Wood’s & Co. aus Boston […]“ (Anzeige im Mainzer Adressbuch 1880). Müller war seit 1863 mit der Malerstochter Sophia Elisabetha geb. Wagner (* Mainz 27. Juni 1842 | † ebd. 27. Jan. 1908) verheiratet. Aus der Ehe, die 1887 geschieden wurde, gingen je drei Töchter und Söhne hervor – darunter Heinrich Adam (* Mainz 7. März 1876 | † Berlin 1. Mai 1951), der später als Klaviermacher in Berlin lebte, und Wilhelm (2), der die väterliche Firma fortführte.


(2) Wilhelm Müller I. (jun.) erlernte das Handwerk des Klavierbauers sicherlich bei seinem Vater (1) und war in der väterlichen Pianofortefabrik bereits seit 1877 als Prokurist tätig, bevor er sie 1893 als Inhaber übernahm. Bis 1906 etablierte er Filialen in Alzey, Kirchheimbolanden, Saarbrücken und Worms und kaufte 1924 Restbestände der 1920 in Darmstadt gegründeten Pianofortefabrik von Karl Küch auf. 1917 erfolgte die Ernennung zum großherzoglich Luxemburgischen Hoflieferanten (zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits den Titel des königlich Spanischen Hoflieferanten inne); im selben Jahr wurde er außerdem durch Großherzog Ernst Ludwig mit dem Orden mit Band für Kriegsfürsorge ausgezeichnet. Jenseits dieser Tätigkeit war er von 1882 und 1910 Musiker im städtischen Orchester. Dass dieses einige seiner Werke zu Gehör brachte, legen die im Bestand der Theaterbibliothek (heute in D-MZs) überlieferten handschriftlichen Stimmensätze nahe. Einige gedruckte Ausgaben dieser (meist anlassbezogenen) Unterhaltungsmusik veröffentlichte er im Selbstverlag. Aufgrund seiner politischen Einstellung (zugunsten einer Rheinischen Republik) kam es 1930 zu Einbrüchen und Zerstörungen in seiner Firma und Wohnung sowie 1934 zu seiner Inhaftierung im Konzentrationslager Osthofen, woraufhin er, zurück in Mainz, Suizid beging (vgl. Beeck/Nonnenmacher/Riegel). Nach Müllers Tod übernahm seine (seit 1929 legitimierte) Tochter Lilly (Elisabeth Wilhelmine) Hundsrucker (* Biebesheim 24. Sept. 1897) die Firma und führte sie unter dem Namen Lilly Mergler vorm. Wilhelm Müller I. bis zu ihrem Erlöschen am 14. Okt. 1965 fort; ihr Ehemann Fritz (eigentl. Friedrich Joseph) Mergler (* Gernsheim 18. Juli 1894; Heirat 1920) besaß Prokura.

In der Presse fand Müller 1898 im Zusammenhang mit einem Rechtsstreit um Albert Lortzings nachgelassene Oper Regina Erwähnung, die er 1895 in Form eines Manuskripts erworben hatte. Den Zeitungsberichten lässt sich entnehmen, dass es sich hierbei wohl um eine von Wilhelm Bruch im Auftrag von Lortzings Erben und Carl Voltz erstellten Neubearbeitung handelte, die Voltz an Müller verkaufte (während er das Autograph an Hans Lortzing zurückgab). Der Streit konnte mit der Einigung, „daß Herr Müller Partitur und Rechte des interessanten Lortzing’schen Nachlaßwerkes gegen eine angemessene Entschädigung und gewisse Vorzugsbedingungen der Aufführung in Mainz und Worms endgültig an die Erben überträgt“, beigelegt werden (NZfM 21. Sept. 1898).

Werkegedruckt: Deutsch-amerikanischer Schützenmarsch zum XI. Deutschen Bundesschießen zu Mainz 1894 (Kl.) op. 25, Mainz: Selbstverlag [1894]; D-MZs (auch Orchesterst.) – dass. (Kl.), Hannover: Oertel [1896] <> Schützen-Fest Marsch zum XI. Deutschen Bundesschießen zu Mainz, 1894 (Orch.) op. 26, Mainz: Selbstverlag [1894]; D-MZs – dass. als Mainzer Schützen-Marsch (gr. Militärmusik) op. 26, Hannover: Oertel [ca. 1894] – dass. als Schützen-Festmarsch zum XI. Deutschen Bundesschiessen zu Mainz (Kl.) op. 26, ebd. [ca. 1894] – 2. Aufl. (Kl.), Mainz: Selbstverlag; D-B, D-MZsch – 3. Aufl., ebd.; D-BABHkrämer (s. Abb.), D-MZs, D-WIl <> A’ Busserl. Ländler (S, T, Kl.) op. 27 (= Einlage für Das Versprechen hinterm Herd. Singspiel in einem Akt von Alexander Baumann), Mainz: Selbstverlag [ca. 1890]; D-MZs (auch hs. Orchesterst.), D-MZsch <> Li-Hung-Tschang Carneval-Rheinländer (Sst., Kl.) op. 30 („Dem Mainzer Carneval-Verein gewidmet“), ebd. [ca. 1896]; D-BABHkrämer, D-MZsch Festmarsch zum XII. Deutschen Bundesschießen zu Nürnberg 1897 (Kl.) op. 32, ebd. [1897]; D-MZs (auch hs. Orchesterst.), D-MZsch <> Padicha tschok ya cha (Lang lebe der Sultan!) Türkischer National-Hymnen-Marsch (Kl.), ebd. [1915]

ungedruckt (Orchesterst., sämtlich in D-MZs überliefert): Jubiläums-Marsch. Zum 50-jährigen Bestehen des Mainzer Carnevals 1888 op. 1, [ca. 1888] <> Elfriede. Polka-Mazurka op. 3, [ca. 1885] <> Fest-Marsch zum Carneval 1888 über Richard Genées Lied Alt und Jung (bzw. Ranzen Garde Marsch) op. 5, [ca. 1887/88] <> Die schöne Betty. Polka Mazurka op. 9, [1889] <> Rheinländer-Polka op. 10, [ca. 1890] <> Die Jagd nach dem Glück. Galopp op. 12, [1888] <> Wir sind bereit op. 14, [1888] <> Almenrausch und Edelweiß. Ländler-Polka op. 21, [ca. 1890] <> Im Mai, Tanz der Störche u. Frösche. Polka, op. 22, [ca. 1890] <> Felicitas. Rheinländer op. 33, [ca. 1890] <> Ballet-Musik op. 35, [ca. 1900] <> Mainzer Schützenlies’l. Rheinländer Polka, [ca. 1900] <> Quadrille über die Oper Die Nürnberger Puppe von Adolphe Adam, [ca. 1900]


Quellen — Zivilstandsregister Mainz; Standesamtsregister Mainz, Biebesheim, Gernsheim und Berlin <> Adressbücher Mainz <> Welt-Adressbuch der gesammten Musikinstrumenten-Industrie 1890, 1906, 1912, 1925/26 <> Brief an Ludwig Strecker (6. Aug. 1894; s. Kalliope) <> Akten in D-WIhha (Bestand 2001 Nr. 214; Best. 428 Nr. 239) <> Mitgliederverzeichnisse der Mainzer Liedertafel 1848, 1853, 1871/72 <> Musikalisches Wochenblatt 5. Sept. 1889, 12. Sept. 1898; Börsenblatt für den deutschen Buchhandel 25. Juni 1898; Signale für die musikalische Welt 29. Aug. 1898, 12. Sept. 1898; NZfM 21. Sept. 1898; Zeitschrift für Instrumentenbau 1. Nov. 1901, 11. Sept. 1913, 15. Dez. 1915, 1. Juli 1917, 15. Juli 1917, 1. Sept. 1924, 15. Sept. 1924 <> MMB <> Handelsregistereintrag (Amtgericht Mainz, HRA 0354)

Referenzwerke und Literatur — Carl Nentwig, Geschichte des Mainzer Liederkranz von seiner Gründung am 14. October 1837 bis zur Feier seines Fünfzigjährigen Jubiläums am 14. August 1887, Mainz: Walter [1887] (= X. Kapitel, in: Gedenkblaetter zur Gutenbergfeier am 50. Jahrestage der Errichtung des Gutenbergdenkmals zu Mainz 14. Aug. 1837) <> Festschrift zum fünfzigjährigen Jubiläum des Städtischen Orchesters Mainz 1876/1926, Mainz 1926, S. 16, 83f. <> Art. Müller, Wilhelm, in: HenkelLdK <> freundliche Auskünfte von Frau Silja Geisler, Stadtbibliothek Mainz (Okt. 2022) sowie von Volker Beeck und Stefan Riegel <> Volker Beeck/Thomas A. Nonnenmacher/Stefan Riegel, 100 Jahre Klaviertradition in Mainz. Piano-Forte-Fabrik und Musikverlag Wilhelm Müller, in: Mainz. Vierteljahreshefte für Kultur, Politik, Wirtschaft, Geschichte 43 (2023), Heft 4, S. 38–43

Abbildung 1–2: Rückseitige Reklame und Titelseite des Schützen-Fest-Marschs op. 26, 3. Aufl.; D-BABHkrämer


Kristina Krämer

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