meyerbeer


MEYERBEER, GIACOMO (eigentlich Beer (auch Berr), (Jakob Liebmann) Meyer) * Tasdorf (heute Ortsteil von Rüdersdorf bei Berlin) 5. Sept. 1791 | † Paris 2. Mai 1864; Komponist

Meyerbeer wuchs in Berlin auf, wo er Unterricht im Klavierspiel bei Franz Lauska und Komposition bei Carl Friedrich Zelter und Bernhard Anselm Weber erhielt. Zwischen dem 14. und 21. Apr. 1810 traf er in Darmstadt ein (Darmstädter Frag- und Anzeigeblatt 23. Apr. 1810; das bei Meyerbeer, Briefwechsel, Bd. 1, S. 53, gegebene Datum 16. Apr. ist falsch), um seine Ausbildung bei Georg Joseph Vogler abzuschließen. Dieser meldete am 10. Juli, dass mit Carl Maria von Weber und Johann Gänsbacher sowie dem „hoffnungsvollen Tonsetzer“ Meyer Beer in seinem Hause „jetzt wirklich eine Akademie der Tonwissenschaft“ existiere (Brief an Maria Anna Firmian, 10. Juli 1810, in: Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabe). Diesem Brief zufolge mussten die drei Schüler jeden Tag eine neue Komposition verfassen; der Nachmittag war der Musikanalyse gewidmet. Durch Weber und Gänsbacher lernte Meyerbeer in dieser Zeit auch Gottfried Weber kennen. Zerstreuung suchte und fand Meyerbeer in einer nahegelegenen Handelsstadt: „In Frankfurth habe ich endlich einmal wieder gefölgelt (Ein L ist zu viel das können Sie ausstreichen)“ (Brief von Meyerbeer an Gänsbacher, 24. Sept. 1810, in: Meyerbeer, Briefwechsel, Bd. 1, S. 75 und Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabe). Anfang März verließ Meyerbeer Darmstadt, um nach München zu reisen, wo seine unter Voglers Aufsicht entstandene Oper Jephtas Gelübte am 23. Dez. auf die Bühne kam. In seinem Tagebuch vermerkte Meyerbeer danach, er habe mit der Aufführung seine musikalischen Lehrjahre beendet, da er nun Vogler verlasse. Anschließend kehrte er noch einmal kurz nach Darmstadt zurück. Zumindest stellte ihm Großherzog Ludwig von Hessen dort am 12. Febr. 1813 ein „Hofkompositeur-Patent“ aus; am 21. Febr. schrieb Meyerbeer aus Frankfurt einen Brief an Gottfried Weber, den er aber erst aus Würzburg absandte. Zur Enttäuschung seines Lehrers war Meyerbeer genauso wenig wie seine Freunde Gänsbacher und C. M. v. Weber bereit, Voglers Erbe zur Verbreitung von dessen Simplifikations-System für die Orgel zu werden. Schließlich ärgerte sich Vogler noch einmal, weil er sich im Gegensatz zu Jephtas Gelübde bei seiner nächsten Oper Alimelek nicht mehr an ihm orientierte: „M[eyer] B[eer] hat unter mir Jephta geschrieben: ein Meisterstück; er schmierte auf eigene Faust für das Theater von Stuttgardt eine komische Oper, die fiel tragisch aus. In Wien wollte er sie umarbeiten – die Zerstreuung lies es nicht zu. Sich einen Namen machen ist leichter, als erhalten“ (Brief an Joseph von Blumenthal, 3. Aug. 1813, zit. n. Veit, Abuhassan, S. 49). 1834 ernannte ihn die Mainzer Liedertafel zum Ehrenmitglied, eine Auszeichnung, die zuvor schon seinen Kollegen Wilhelm Mangold, Conradin Kreutzer, Christian Rummel, Gottfried Weber und Carl Zulehner zuteil wurde. Er bedankte sich dafür mit der Komposition seines Festgesangs zur Errichtung des Guttenbergischen Denkmals, die bei einem von der Liedertafel veranstalteten Benefizkonzert zur Finanzierung desselben am 8. Aug. 1835 aufgeführt und deren Noten (neben weiteren Beigaben) bei der Grundsteinlegung (8. Juli 1837) im Sockel versiegelt wurden. Ein Kritiker ereiferte sich, sie sei so durchschnittlich, dass sie auch von „Hünten, Küffner, Panny, oder sonst wem seyn könnte“ (Iris im Gebiete der Tonkunst 14. Juli 1837). 1838 war Meyerbeer, „der rühmlichst bekannte Componist“, der erste Auswärtige, der das Grundkapital der Frankfurter Mozart-Stiftung durch eine Spende aufstockte (Didaskalia 10. Sept. 1838). Bereits als berühmter Zeitgenosse besuchte er außerdem mehrfach die Nassauischen Bäder Ems und Schwalbach, wo er sich auch kompositorisch betätigte. So reiste 1840 der Direktor der Pariser Oper, Léon Pillet, nach Ems, um dem „langsam arbeitenden und ängstlichen Komponisten“ die Partitur von Le Prophète „aus den Händen zu reißen“ (Der Adler 28. Sept. 1840). Nichtsdestoweniger dauerte es bis 1849, dass diese Oper in Paris ihre Uraufführung erlebte. In Schwalbach wiederum arbeitete er an Dinorah ou Le pardon de Ploërmel, widmete aber auch der dortigen Liedertafel sein Lied vom blinden Hessen.

Werke (Da an Literatur zu Meyerbeer kein Mangel herrscht, beschränkt sich diese Übersicht auf Kompositionen, die er den Quellen zufolge in seiner Darmstädter Zeit zwischen Apr. 1810 und Febr. 1812 verfasste oder zumindest begann, sowie auf Kompositionen mit unmittelbarem Mittelrheinbezug) — Kompositionen der Darmstädter Zeit: Benedeiet dem Herrn (Psalm 134) (Chor); D-B (Fragmente, digital) <> Oper Der Admiral oder der verlorene Prozess (unvollendet, parallel zu Vogler komponiert, vgl. Brief an Gänsbacher, 10. Jan. 1811, in: Briefwechsel, Bd. 1, S. 89) <> (zusammen mit C. M. v. Weber und Gänsbacher) Kantate Huldigungskantate zum 61. Geburtstag des Abbé Vogler; US-STum – Textdruck; D-B <> Singet dem Herrn ein neues Lied (Psalm 98) (Chor) (UA Berlin 17. Apr. 1811); D-B <> Oratorium Gott und die Natur (Text: Aloys Schreiber); D-B <> Sinfonie in Es-Dur; verschollen <> Kantate Zur Geburts-Feyer des Herrn Jacob Hertz Beer; Musik verschollen – Textdruck; D-B <> Kantate Festlichkeit der Freundschaft am Geburtstage des Herrn Kapellmeistern Weber; Musik verschollen – Textdruck; D-B <> Oper Jephtas Gelübte (UA München 23. Dez. 1812); D-B (Autograph), B-Br <> Sonate in Es-Dur (Kl.); verschollen <> Six Canzonettes italiennes (S, Kl.; Text: Pietro Metastasio); D-Dl <> Veit diskutiert, ob Meyerbeers Alimelek (UA Stuttgart 1813) auf eine in Darmstadt begonnene Oper Abuhassan zurückgehen könne (Veit, Abuhassan, S. 51–52). <> Kompositionen mit Mittelrheinbezug: Festgesang […] zur Errichtung des Guttenbergischen Denkmals in Mainz (2 T, 2 B, Mch.), Mainz: Schott [1835]; D-Mbs (Fotokopie digital), D-MZs, D-Tu (digital, s. Abb.), GB-Lbl <> Lied vom blinden Hessen (T, Mch.), Berlin: Bote & Bock [1862] – auch als Chant des exilés, Paris: Brandus & Dufour [1863] <> Schriften: Aus einem Briefe an den Herausgeber, geschrieben nach Durchlesung des Aufsatzes „Ueber die Concurrenz von zwey Kritiken“, in: Badisches Magazin 10. Dez. 1811 (Verteidigung von Gottfried Weber) <> (unter dem Pseudonym Ph—s) Einige Worte über die Messe aus Eb. von Gottfried Weber aus Mannheim, welche am 9. Febr. in der hiesigen Hofkapelle aufgeführt wurde, in: Gesellschaftsblatt für gebildete Stände 19. Febr. 1812 <> (unter d. Pseud. Julius Billig) Darmstadt im März 1812 [Kritik des erwähnten Darmstädter Konzerts mit Aufführung der Messe von G. Weber], ebd. 11. März 1812 <> darüber hinaus spekuliert Heinz Becker, ob die Rezension Sonata per Clavicembalo solo, comp. e ded. – al suo amico Carlo Maria Bar. di Weber – da Goffredo Weber, in: AmZ 11. März 1811 ebenfalls von Meyerbeer stammen könne (vgl. Meyerbeer, Briefwechsel, Bd. 1, S. 611)

Quellen — Giacomo Meyerbeer, Briefwechsel und Tagebücher, hrsg. von Heinz Becker, Gudrun Becker und Sabine Henze-Döhring, 8 Bde., Berlin 1959–2006; zu dort noch nicht berücksichtigten Briefen s. Kalliope, Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabe und Spohr-Briefe <> AmZ 17. Apr., 5. Juni, 21. Aug. 1811; Zeitung für die elegante Welt 8. Juni 1811; Morgenblatt für gebildete Stände 15. Dez. 1810, 19. Apr. 1811, 19. Aug. 1835; Darmstädter Frag- und Anzeigeblatt 16. Apr. 1810 (Notiz von Meyerbeers Eintreffen in Darmstadt); Königlich privilegirte Berlinische Zeitung 14. Mai 1811; Badisches Magazin 28. Mai 1811; Iris im Gebiete der Tonkunst 16. Jan. 1835, 14. Juli 1837; Didaskalia 6. Mai 1835, 10. Sept. 1838; Der Wanderer 4. Juli 1835; Der Adler 28. Sept. 1840; Allgemeine Theaterzeitung 16. Dez. 1846; Süddeutsche Musikzeitung 11. Aug. 1862; Prager Fremdenblatt 4. Juli 1863; Liste der Kurgäste und Durchreisenden zu Ems, Schwalbach, Schlangenbad und Weilbach 1840-1842 <> Johann Gänsbacher, Denkwürdigkeiten aus meinem Leben, hrsg. von Walter Senn, Thaur/Tirol 1986

Literatur — Adolph Genth, Kulturgeschichte der Stadt Schwalbach, 1858, S. 20–21 und 101–102 <> Adolph Kohut, Meyerbeer, Leipzig [1890] <> Frank Heidlberger, Meyerbeer und Weber. Zur künstlerischen Wechselbeziehung aus der Sicht der frühen Werke, in: Giacomo Meyerbeer (1791–1864). Große Oper – Deutsche Oper, hrsg. von Hans John und Günther Stephan, Dresden 1992, S. 26–48 <> Joachim Veit, Abuhassan, Der Admiral und Alimelek. Opern aus der Voglerischen Schule, ebd., S. 49–69 <> ders., Carl Maria Weber und Darmstadt, in: Carl Maria von Weber in Darmstadt. Ausstellung im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt im November 1996, hrsg. von Joachim Veit und Frank Ziegler, Tutzing 1997, S. 1–28 <> Frank Heidlberger, Unus est Deus, unus est Vogler, in: Musikpflege und ,Musikwissenschaft’ in Würzburg um 1800, hrsg. von Ulrich Konrad, Tutzing 1998, S. 95–120

Abbildung: Titelseite des Festgesangs; D-Tu


Karl Traugott Goldbach

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  • angelegt 2024/02/14 00:31