ellmenreich

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ELLMENREICH, (CHRISTINA) FRIEDERIKE geb. Brandel * Köthen 24. Okt. 1775 | † Schwerin 5. Apr. 1845; Sängerin, Schauspielerin, Schriftstellerin und Opernübersetzerin

Die Tochter des Tenors Christoph Brandel (* ca. 1749 | † Frankfurt/M. 27. Juli 1795), der seine Familie früh verließ, und der Schauspielerin Marianne Rouillon heiratete mit 17 Jahren 1792 in Hanau den Bass-Buffo Johann Baptist Ellmenreich (1774–1816), von dem sie sich schon zwei Jahre später trennte, um in Prag ihre eigene Bühnenkarriere zu starten. Es folgten Engagements an Emanuel Schikaneders Theater an der Wien, in Paris, Straßburg und Augsburg. Am Hoftheater in Karlsruhe sprang die mit einer „bewunderungswürdigen Kontraaltstimme (mit reinem Tenorklang)“ (Neuer Nekrolog) begabte Sängerin 1811 für einen erkrankten Kollegen als Belmonte in Mozarts Entführung aus dem Serail ein, worauf sie weitere Tenor-Partien wie Tamino in der Zauberflöte übernahm. Bereits beim folgenden Engagement ab 1817 in Hamburg wechselte sie vom Musik- zum Sprechtheater in das Fach der Anstandsdamen. Nach einer kurzen Station 1820 in Mannheim ging sie 1821 an das Stadttheater in Frankfurt am Main, wo sie ihr Fach um „edle Mütter und fein-komische Rollen“ ergänzte (Neuer Nekrolog). Nach ihrer Pension 1836 zog sie zu ihrem Sohn Albert (1816–1905), der am Hoftheater in Schwerin als Schauspieler und Regisseur angestellt war und nach dem Tod seiner Mutter in Berlin wirkte. Für ihre Theaterstücke bearbeitete sie französische und italienische Vorlagen, wobei sie „nur für die Bühne schrieb, ohne sich viel um die Poesie zu bekümmern“ (Kehrein). Für das Musikleben der damaligen Zeit sind ihre zahlreichen, teilweise noch im frühen 20. Jahrhundert gedruckten und aufgeführten Opernübersetzungen charakteristisch, deren handschriftliche Partituren teilweise Carl →Zulehner vertrieb. Ein Frankfurter Nachruf vermerkt, ihre Übersetzungen seien „allgemein, besonders von Seiten der Sänger, als die sinnvollsten und zugleich sangbarsten anerkannt gewesen“ (Didaskalia 29. Apr. 1845). Dagegen beschwerte sich Louis Spohr über die Qualität der gelieferten Musikhandschriften: „Die Partitur der Dame blanche ist die miserabelste und schlechtgeschriebenste, die mir je unter die Augen gekommen ist, auch ist der Text ganz erbärmlich unterlegt oder vielmehr, er paßt garnicht. Es ist etwas unverschämt von Mad. Elmenreich, ein solches Gesuhl zu verschicken und sich viel Geld dafür bezahlen zu lassen“ (Brief an Wilhelm Speyer, 2. Aug. 1826). Trotzdem bestellte er zwei Jahre später Ellmenreichs deutsche Übersetzung einer Oper von Giacomo Meyerbeer: „Die Partitur des Kreuzritter’s habe ich richtig erhalten. Leider ist es aber wieder nicht allein eine sehr nachlässige, sondern auch fehlerhafte Abschrift, so daß ich mehrere Tage gebrauchen werde, bis ich nur die gröbsten Fehler werde corrigirt haben. Auch muß ich die Rezitative sämtlich umschreiben, da auch nicht in einem Takt die Worte zu den Noten passen“ (Brief an Ellmenreich, 31. März 1828).

Werke — Neben Lustspielen übersetzte Ellmenreich etwa 50 französische und italienische Opern ins Deutsche, darunter:
Adolphe Adam: Der Postillon von Lonjumeau (Le postillon de Lonjumeau, Adolphe de Leuven und Léon-Lévy Brunswick) <> Daniel-François-Esprit Auber: Maurer und Schlosser (Le maçon, Eugène Scribe und Germain Delavaigne, Frankfurter EA 27. März 1826); Fiorella, oder: Das Hospitium St. Lorenzo (Fiorella, Scribe, Frankfurter EA 7. Juli 1833); Das Concert am Hofe (Le concert à la cour, Scribe und Anne-Honoré Joseph Duveyrier); Leocadia (Leocadia, Scribe, Frankfurter EA 10. Apr. 1825); Emma, oder: Das unbedachtsame Versprechen (Emma, ou la promesse imprudente, Scribe); Der Schnee, oder: Der neue Eginhard (La neige, Scribe); Die Braut (La fiancée, Scribe); Leicester, oder: Das Schloß Kenilworth (Leicester, ou le château de Kenilworth, Scribe und Anne-Honoré Joseph Duveyrier) <> Vincenzo Bellini: Die Nachtwandlerin (La Sonnambula, Felice Romani); Die Puritaner (Il puritani, Carlo Pepoli, Frankfurter EA 25. Sept. 1836); Die Fremde (La straniera, Felice Romani und Charles Victor Prévôt); Die Familien Montecchi und Capuleti, oder: Romeo und Julia (I Capuleti e i Montecci, Romani); Der Seeräuber (Il pirata, Felice Romani) <> Louise Bertin: Der Wär-Wolf (Le Loup-Garou, Eugène Scribe und Edouard-Joseph Mazères) <> François-Adrien Boïeldieu: Die weiße Dame (La dame blanche, Scribe); Die beiden Nächte (Les deux nuits, Scribe und Jean Nicholas Bouilly) <> Friedrich von Flotow: Die Herzogin von Guise (La Duchesse de Guise, François und Charles de Bouillerie) <> Fromental Halévy: Die Jüdin (Scribe, Frankfurter EA 25. Jan. 1836); Der Blitz (L’éclair, Eugène de Planard und Henri de Saint-Georges, Frankfurter EA 4. Jan. 1837) <> Ferdinand Hérold: Zampa, oder: Die Marmorbraut (Zampa, Anne-Honoré Joseph Duveyrier, Frankfurter EA 28. März 1832); Marie (Marie, Eugène de Planard) <> Giacomo Meyerbeer: Der Kreuzfahrer von Egypten (Il crociato in Egitto, Gaetano Rossi, Frankfurter EA 2. Mai 1832) <> George Onslow: Der Hausierer, oder: Das Kind des Waldhüters (Le Colporteur, Eugène de Planard) <> Antonio Pacini: Der letzte Tag von Pompeji (L’ultimo giorno di Pompei, Andrea Leone Tottola); Ivanhoë (Ivanhoé, Émile Deschamps und Gabriel Gustave de Wally, Pasticcio mit Musik von Rossini) <> Gioachino Rossini: Moses (Mosè in Egitto, Andrea Leone Tottola)
Aufführungsmaterial ist zahlreich überliefert, u. a. in D-Dl, D-DEat, D-DT, D-GOl, D-Mbs, D-RUl, D-SHm, D-Wa, D-WRha; s. a. RISMonline

Opern deutscher Komponisten nach Libretti von Ellmenreich: Carl Oestreich: Der Fastnachtsstreich, oder: Die Husaren im Mädchenpensionat <> Franz Rüpfel: Der Deserteur

Herausgaben: Einheimischer Theater-Kalender für die kunstsinnigen Freunde der hiesigen Volksbühne, Frankfurt/M. 1828; D-F (digital, s. Abb.), D-Dl

Quellen — KB Frankfurt/M., KB Offenburg <> Briefwechsel mit Louis Spohr (s. Spohr-Briefe) <> Brief von Spohr an Wilhelm Speyer, 2. Aug. 1826 (s. Spohr-Briefe) <> Brief von Ellmenreich an Großherzog Ludwig I. von Hessen-Darmstadt, 10. Sept. 1826 in D-DSsa (digital) <> weitere Briefe s. Kalliope <> Neuer Nekrolog der Deutschen 23 (1845), S. 250–254 (Nachruf); Didaskalia 29. Apr. 1845 (Nachruf)

Literatur — Joseph Kehrein, Die Dramatische Poesie der Deutschen. Versuch einer Entwicklung derselben von der ältesten Zeit bis zur Gegenwart, Bd. 1, Leipzig 1840, S. 326 <> Hermann Uhde, Das Stadttheater zu Hamburg. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte, Stuttgart 1879, S. 583 <> Anton Bing, Rückblicke auf die Geschichte des Frankfurter Stadttheaters von dessen Selbstständigkeit (1792) bis zur Gegenwart, 2 Bde., Frankfurt am Main 1892 <> Art. Ellmenreich, Friederike, in: Kutsch/Riemens 42003 <> Wollner 2009, S. 136


Karl Traugott Goldbach

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  • angelegt 2022/01/12 17:14