celibidache


CELIBIDACHE, SERGIU * Roman (Rumänien) 11. Juli 1912 (jul. 28. Juni 1912) | † Paris 14. Aug. 1996; Dirigent, Musikpädagoge

Als Kosmopolit und einer der herausragenden Dirigenten des 20. Jahrhunderts, der ab 1945 über drei Jahrzehnte „globetrotternd“ (Nachruf, Der Spiegel 19. Aug. 1996) viele Orchester auf der ganzen Welt leitete, war Sergiu Celibidache für 14 Jahre eng mit dem Musikleben am Mittelrhein verbunden. Ab Sommer 1977 war er künstlerischer Leiter der vom Kultusministerium Rheinland-Pfalz und der Universität Trier veranstalteten Internationalen Dirigierkurse, die insgesamt zweimal in Trier in Zusammenarbeit mit dem Staatsorchester Rheinland-Pfalz – Pfälzische Philharmonie – (Ludwigshafen) stattfanden. Ebenfalls im Jahr 1977 ernannte ihn die Johannes Gutenberg-Universität aus Anlass ihrer 500-Jahrfeier zum Honorarprofessor. In Mainz hielt er dann ab Sommersemester 1978 bis 1991 regelmäßig Vorlesungen und Seminare über musikalische Phänomenologie in Form einwöchiger Blockveranstaltungen, in den letzten Jahren auch mit darin integrierten Dirigierkursen, die zu öffentlichen Aufführungen führten, z. B. mit Chor und Orchester des Bach-Ensembles oder dem Collegium musicum der Johannes Gutenberg-Universität. Alle diese Veranstaltungen sind nicht nur Studierenden und Lernenden unvergesslich geblieben, sondern erregten auch bei einer breiten Öffentlichkeit in Mainz und weit darüber hinaus großes Interesse. „Einen solchen Kurs […] mitzumachen, kommt einer Offenbarung gleich. Vor allem hinsichtlich der Werk-Erkenntnis. Celibidache legt Hintergründe offen, weist auf Fakten der Partitur hin, die man gemeinhin nicht zu hören bekommt. Schnell ist er dann mit der vernichtenden Kritik an allen seinen Kollegen bei der Hand […]“ (Wolf-Eberhard von Lewinski; vgl. Literatur). In diesem Sinne war Celibidache als subtiler Interpret und kompromissloser Dirigent für den musikalischen Nachwuchs sowohl Vorbild als auch Provokation. Seine Phänomenologie, die auf der Philosophie Edmund Husserls fußt, wurde zu seinen Lebzeiten nie veröffentlicht; sein einziger öffentlicher Vortrag zu diesem Thema erschien allerdings 2001, aus Tonbandaufzeichnungen und Mitschriften transkribiert, im Druck. Seine Kompositionen reichen bis in die Zeit seiner Studienjahre in Berlin zurück. Sie sind alle Manuskript geblieben und wurden, mit Ausnahme der Komposition Der Taschengarten, von der es eine Benefizschallplattenaufnahme für die UNICEF mit dem Radio-Sinfonieorchester Stuttgart unter Leitung des Komponisten gibt, nie öffentlich aufgeführt. Im November 2009 wurde auf dem Forum der Johannes Gutenberg-Universität an der Alten Mensa eine Hinweistafel angebracht, die auf Celibidaches dortiges Wirken aufmerksam macht.

Werke — Kompositionen; vgl. MGG2P <> Schriften; vgl. ebd.; weiterhin: Über musikalische Phänomenologie. Ein Vortrag [am 21. Juni 1985 in der Aula der Ludwig-Maximilians-Universität München] und weitere bislang unveröffentlichte Materialien zusammengestellt, übertragen und mit einem Nachwort versehen von Gundolf Lehmhaus. Im Auftrag der Sergiu Celibidache Stiftung hrsg. von Mark Mast und Werner Schauer, München 2001 <> Dass., überarbeitete und um zahlreiche Notenbeispiele ergänzte Neuauflage, Augsburg 2008 (Celebidachiana I: Werke und Schriften Bd. 1) <> Stenographische Umarmung. Sergiu Celibidache beim Wort genommen, hrsg. von Stefan Piendl und Thomas Otto, Regensburg 2002

Literatur — Nicole Güth, Der Dirigent als Lehrer: Sergiu Celibidache, in: JoGu Nr. 57, Juni 1978, S. 14 <> Wolf-Eberhard von Lewinski, … Dirigent zu sein dagegen sehr. Kurs und Symposion mit Sergiu Celibidache in Trier, in: Wochenendbeilage der Allgemeinen Zeitung Mainz vom 1./2. Juli 1978 <> Nachruf, in: Der Spiegel 19. Aug. 1996 <> Matthias Thiemel, Art. Celibidache, in: MGG2P (dort weitere Literatur) <> Ioana Celibidachi, Sergiu, einmal anders. Meine Erinnerungen an Celibidache, Augsburg 2011 (Celibidachiana II: Dokumente und Zeugnisse Bd. 3) <> Klaus Lang, Celibidache und Furtwängler. Der große Konflikt in der Berliner Nachkriegszeit, Augsburg 2011 (Celibidachiana II: Dokumente und Zeugnisse Bd. 2)

Abbildung 1: Sergiu Celibidache, aufgenommen von Ulrich Mazurowicz, Mainz 12. Dez. 1986

Abbildung 2: Hinweistafel, Alte Mensa JGU Mainz, Foto von Martin Bierwisch, Dez. 2021


Ulrich Mazurowicz

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  • angelegt 2021/12/16 17:50